Wilhelm Strauß, ein Gründungsmitglied des Steinheimer Posaunenchores, schreibt zur

Vorgeschichte und zum Anfang:

Eine Gemeinde kann glücklich sein, wenn sie einen Posaunenchor hat. Sein Dienst wird gerne angenommen bei Gottesdiensten in der Kirche und im Grünen, bei Gemeindefesten, Hochzeiten, bei Beerdigungen - um nur einiges zu nennen. Seit fünfzig Jahren hat Steinheim „seinen“ Chor.

Überlegungen, einen Chor zu gründen, muss es schon früher gegeben haben, wie der damalige Leiter des CVJM Steinheim, Bauwerkmeister Karl Tränkle, erzählte. Durch die Inflation nach dem Ersten Weltkrieg und die Zeit des Nazi-Regimes sei dies aber nicht möglich gewesen. Er hatte dann auch gewisse Bedenken, ob wir es schaffen könnten.

Nun, wir haben es geschafft, wie man hören und sehen kann.

Dass es 1953 zur Gründung des Posaunenchors gekommen ist, hat mit den Ulmer Posaunentagen zu tun. Anschaulich erzählte Hans Hiller von den beiden Nachkriegsposaunentagen 1946 und 1948 und den eindrucksvollen Schlussveranstaltungen auf dem Münsterplatz, inmitten einer noch vom Krieg gezeichneten Stadt. Neugierig geworden, fuhren wir zu viert am ersten Sonntag im Mai 1952 mit den Fahrrädern nach Ulm zum 14. Landesposaunentag und waren begeistert! „Beim nächsten Posaunentag spielen wir mit“, haben wir uns fest vorgenommen und so ist es dann auch gekommen.

Es war ein Glücksfall, dass uns Pfarrverweser Helmut Steinestel mit Rat und Tat zur Seite stehen konnte. Für uns „blaswilligen“ Jungen zwischen 12 und 20 Jahren war die große Frage, wie wir zu Instrumenten kommen könnten und, ob uns jemand dabei finanziell unterstützen würde. Ein erster Spendenaufruf in der Gemeinde erbrachte immerhin ein Spende von DM 5,--! Sollte unser Vorhaben am Finanziellen scheitern?

Pfarrer Steinestel meinte, dass es viel wichtiger sei, Leute zu haben, die mitmachen und auch durchhalten würden, ein Instrument zu erlernen. Alles andere ließe sich regeln.

So war es dann auch. Zu vier gebrauchten Instrumenten, die uns leihweise überlassen wurden, konnten fünf neue angeschafft werden, darunter zwei Tenorhörner und ein Bariton. So konnten alle Stimmen besetzt werden. Ein Flügelhorn der Fa. Mayer, Landau, kostete damals DM 126,50, die Trompeten waren etwas teurer, ein Tenorhorn kostete DM 220,-- und das Bariton DM 250,--. Ein Tenorhorn konnte aus der knappen Kasse des CVJM bezahlt werden. Die anderen Instrumente wurden vom jeweiligen Bläseranfänger bezahlt, in der Hoffnung, dass es mit dem Spielen hinterher auch klappen würde.

Die neuen Instrumente wurden über den Landesposaunenwart des Evang. Jungmännerwerkes in Württemberg, Hermann Mühleisen, bestellt, der uns diese am Montag, den 11. Mai 1953 selbst überbrachte.

Mit einer Andacht über 4. Mose 10, 1 – 10 eröffnete er die erste Chorstunde. Die Überschrift dieses Bibelabschnittes heißt: Vom Blasen der Trompeten. Daran anschließend spielte er jeweils einen Choralvers auf jedem der Instrumente und übergab diese dann uns angehenden Jungbläsern. Auf meinem Instrument, es war das Bariton spielte er: Ich will dich lieben, meine Stärke, ich will dich lieben, meine Zier.

Nachdem Hermann Mühleisen die einzelnen Instrumente und ihre Pflege erklärt hatte, kam der große Augenblick für uns Anfänger, den Instrumenten Töne zu entlocken. Irgendwie haben wir das auch geschafft. Es waren sicher „Urschreie“, die den Raum füllten. Neun junge Leute waren es, die damals anfangen konnten. Ein halbes Jahr später waren es schon doppelt so viele.

Wer sollte nun den Chor leiten? Es war ebenso ein Glücksfall, dass mit Karl Tränkle, einem Verwandten des damaligen CVJM-Leiters, ein Mann im Kirchengemeinderat war, der unsere Begeisterung teilte. Zwischen ihm und uns waren fast zwei Generationen Altersunterschied. Er hatte viele Jahre im Steinheimer Musikverein Trompete geblasen, hatte dort altershalber aufgehört, um nun mit uns noch einmal anzufangen.

Er war der erste Chorleiter. In großer Weisheit hat er uns schon von Anfang an ein Mitspracherecht eingeräumt. Er war ein gütiger Mensch. Später, als wir schon besser blasen konnten, hat er immer mit den Worten „ machet mir no a Versle“ zum Weitermachen aufgefordert.

Doch zurück zum Anfang. Mit Feuereifer ging es nun ans Proben. Üben, üben, üben.... Tonleitern, Intervalle, Dur, moll, Kreuz und B,

zu Hause, im Ochsen, in der Kirche, in Straußens Malerwerkstatt.

Es machte sich bezahlt. Schon am Erntedankfest 1953 war der erste öffentliche Auftritt. Unterstützt wurden wir von Bläsern  des Mergelstetter Chores. Beim Pfarrweiher gab es vorab ein Choralblasen. Beim ersten Choral waren allerdings die einen schneller fertig als die anderen. Die einen hatten nach Seitenzahl aufgeschlagen und die anderen nach der Nummer. Es hat nicht einmal schlecht geklungen, weil beide Choräle die gleiche Tonart hatten. Nur, dass halt die einen noch spielten, während die anderen schon aufgehört hatten.

Weil die Orgelempore durch den Kirchenchor besetzt war, haben wir im Kirchenschiff gespielt.  Es war noch eine Taufe. Die besorgte Großmutter hielt dem Täufling die Ohren zu, damit dieser nicht den Schock seines Lebens erleiden müsste.

Ganz anders die Gemeinde. Sie hat unser Spielen von Anfang an dankbar angenommen. Manche hätten an dieser Premiere Tränen in den Augen gehabt. Sie waren angerührt. Wir waren glücklich und stolz.